Heinrich von Kleist, Die Verlobung in St. Domingo - Inhaltsangabe

800 Wörter, 5.350 Anschläge


Auf der Insel St. Domingo, dem heutigen Haiti, lehnen sich die schwarzen Sklaven unter Führung des Generals Dessalines nach jahrelanger Ausbeutung gegen ihre Herren auf. Ihnen gelingt die Machtübernahme und die bislang bestehende, streng hierarchische Ordnung bricht auf, verkehrt sich geradezu.

Zu diesem Zeitpunkt trifft es sich, dass der sich auf der Flucht befindende Schweizer Gustav von der Ried im Haus des farbigen Congo Hoango Zuflucht sucht. Besagter Schwarzer ist nun aber bereits im Vorfeld als grimmiger Verfolger der Weißen, als Undankbarer und "fürchterlicher" Mensch eingeführt worden, ebenso ist dem Leser bereits bekannt, dass sich dieser zwar zu jenem Zeitpunkt nicht auf der Plantage aufhält, seine Frau die Mulattin Babekan, und ihre Tochter, eine Mestize mit dem Namen Toni, aber beauftragt sind, Flüchtlinge unter vorgespielter Hilfsbereitschaft bis zu seiner Rückkehr hinzuhalten. Ein Konflikt erscheint also unausweichlich.

Babekan, die ebenso wie ihr Ehemann einen starken Hass auf die Weißen hegt, verfährt ihrem Auftrag gemäß, und ihr gelingt, den zuerst noch zweifelnden Schweizer, nicht zuletzt aufgrund der helleren Tönung ihrer Haut, von der ihm ein "Strahl seiner eigenen Gesichtsfarbe entgegenschimmert", von ihrer Rechtschaffenheit und ihrem Wohlwollen zu überzeugen.

Sowohl Babekan als auch der Schweizer hatten in ihrer Vergangenheit schlechte Erfahrungen mit Menschen anderer Hautfarbe machen müssen, den bestehenden Vorurteilen zum Trotz jedoch vertraut Gustav auf die guten Absichten seiner Gastgeber und bittet sie, auch seinen Onkel, seine Tante und ihre Kinder mitsamt ihrer Dienerschaft, die er bis kurz zuvor aufopferungsvoll angeführt hatte, und die zu diesem Zeitpunkt beim nahegelegenen Möwenweiher Zuflucht suchen, in ihrem Hause aufzunehmen. Babekan befürchtet das Fehlgehen ihres Planes bei Ankunft der Familie Strömli auf der Plantage und versucht bei Gustav einen Aufschub der Einladung zu bewirken. Nachdem sich Gustav, durch Babekan manipuliert, entschlossen hat, diese auf den nächsten Tag zu verschieben, begibt er sich auf sein Zimmer.

Wenig später wird er von Toni aufgesucht und erhält erstmals die Gelegenheit, mit ihr allein sprechen zu dürfen. Von der Ähnlichkeit Tonis mit seiner verstorbenen Verlobten Mariane Congreve ergriffen, klagt er ihr sein Leid. Es gelingt ihm durch die Schilderung seines tragischen Schicksals, "ein menschliches Gefühl" in Toni zu wecken, in einem Moment höchster Rührung kommt es zur Verlobung der beiden.

Als Toni am nächsten Morgen offen gegen Babekans Plan aufbegehrt, wird ihr zunächst scheinbar Verständnis zuteil, wenig später offenbaren sich jedoch Babekans wahre Absichten. Sie plant Gustav mit Gift zu töten und lässt erst von ihrem Vorhaben ab, als sich Toni reumütig wieder auf ihre Seite schlägt. Babekan erreicht mit dem Hinweis auf eine derzeitige Gefährdung der Familie Strömli durch die Truppen des Generals Dessalines erneut einen Aufschub der Einladung, lässt aber, um Gustav nicht zu verunsichern, seiner Familie durch einen Sohn Hoangos einen Korb mit Nahrung und einen Brief mit der Bitte um Geduld zukommen. Toni, von Angst ergriffen, hofft auf die Unterstützung der Strömlis und vertauscht den Brief mit einem zuvor geschriebenen in dem Gustav die Gesellschaft auffordert, sofort zum Hause Hoangos aufzubrechen.

Von der Schwere ihrer Mitschuld bedrückt, begibt sich Toni in das Zimmer des Schweizers, um ihm ihre Sünden zu beichten. Gerade als Toni im Begriff ist, den Betrug zu gestehen, bemerkt sie die unerwartete Ankunft des Hausherren und muss mitanhören wie Babekan Hoango von den Ereignissen der letzten Tage und Tonis Ungehorsam berichtet. Da Toni befürchtet, Gustav werde im Kampf mit Hoango umkommen, beschließt sie, ihn zu fesseln um etwas Zeit zu gewinnen. Dies gelingt ihr, und als Hoango und Babekan schließlich eintreffen, kann sie den Schwarzen von ihrer Treue überzeugen. Hoango wähnt sich in Sicherheit und begibt sich zur Ruhe, um am nächsten Tag auch die Familie Strömli in seine Gewalt zu bringen. Als das Ehepaar schließlich eingeschlafen ist, schleicht sich Toni aus dem Haus, um die Familie Gustavs zu warnen. Sie kann die Gesellschaft abfangen und berichtet was sich in den letzten Tagen zugetragen hat. Zusammen beschließen sie, Gustav aus der Gefangenschaft zu befreien.

Unter der Führung Tonis gelingt es ihnen, die Gutsbesitzer zu überwältigen und ihnen, durch die Drohung, die Söhne Hoangos im Falle einer Verfolgung zu töten, das Versprechen um freies Geleit nach St. Lüze abzuringen.

Als Gustav nach seiner Befreiung Toni zur Tür hereinkommen sieht wird er von Wut erfasst und erschießt seine Verlobte im festen Glauben an ihre Schuld. Gustavs Vater, bestürzt von seiner Tat, berichtet ihm vom selbstlosen Verhalten Tonis und ihrer uneingeschränkten Treue. Als Gustav sein Fehler bewusst wird, erschießt er auch sich. In tiefer Trauer tauschen die Angehörigen die Ringe der beiden und begraben das Paar am Möwenweiher. Die Familie Strömli kommt ungehindert in St. Lüze an, dort werden wie versprochen die Geiseln ausgelöst. Einige Zeit noch kämpfen die Strömlis "für die Sache der Weißen", als aber schließlich General Dessalines den Sieg davonträgt, müssen auch sie die Insel verlassen. Zurück in der Schweiz lässt Herr Strömli Gustav und seiner treuen Verlobten in seinem Garten ein Denkmal setzen.


Autor: Ruben Heuer im Rahmen des Proseminars "Heinrich von Kleist: Prosa" an der Universität Paderborn, Wintersemester 2005/2006. Dozent: Dr. Stefan Elit