Heinrich von Kleist, Der Findling - Inhaltsangabe

870 Wörter, 5.550 Anschläge


Antonio Piachi, ein wohlhabender Immobilienhändler aus Rom, fährt mit seinem elfjährigen Sohn Paolo aus erster Ehe auf Geschäftsreise nach Ragusa. Seine zweite Ehefrau Elvire, die deutlich jünger ist als er, bleibt mit Verwandten zu Hause.

Inmitten der Reise erfährt Piachi, dass in Ragusa die Pest ausgebrochen ist. Daraufhin beschließt er sofort nach Rom zurückzukehren. Auf der Heimkehr nimmt er aus Mitleid den kleinen Nicolo mit, der sich wehleidig an den Wagen von Piachi geworfen hat. Jedoch ist dieser mit der Krankheit bereits infiziert. Er erholt sich jedoch davon, aber im Gegenzug erkrankt Piachis leiblicher Sohn Paolo und stirbt binnen einiger Tage, während man sich noch in Quarantäne in der Stadt aufhalten muss.

In Trauer kehrt Antonio Piachi mit Nicolo nach Rom zurück, wo der Junge trotz des großen Kummers über den Tod von Paolo herzlich empfangen wird. Nach Wochen wird Nicolo von dem wohlhabenden Geschäftsmann adoptiert und wächst bei ihm und seiner Frau Elvire auf. Er kümmert sich um seine Ausbildung und stellt ihn später in seinen Immobilienhandel ein. Es gibt jedoch Dinge, die Elvire und Piachi Sorge bereiten. Nicolo hat eine Vorliebe für Frauen und er pflegt den Umgang mit den Mönchen des Karmeliterklosters, die Nicolo nur auf Grund seines später zu erbenden Vermögens, höflich behandeln. Mit fünfzehn Jahren macht er bereits sexuelle Erfahrung mit Xaviera Tartini, der Geliebten des Bischofs. Im Alter von zwanzig Jahren heiratet Nicolo die Nichte von Elvire, Constanza Parquet. Aufgrund dieser großen Freude überschreiben die Adoptiveltern ihm den größten Teil ihres Hauses. Als Piachi sechzig Jahre alt wird, überlässt er seinem Adoptivsohn fast das ganze Vermögen und geht in den Ruhestand.

Während dieser ganzen Zeit schwebt Elvire immer noch in alter Erinnerung an einen genuesischer Ritter namens Colino, der die damals dreizehn Jahre alte Elvire aus einem brennenden Haus rettete und drei Jahre nach diesem Vorfall verstarb. Zwei Jahre danach heiratete Elvire Antonio Piachi und seit dem wird das Thema Colino nicht mehr besprochen, weil sie auf diese Erfahrung höchst emotional reagiert. Eines Abends kehrt Nicolo vom Karneval, wo er sich mit Xaviera Tartini vergnügte, nach Hause zurück und tritt in Verkleidung eines genuesischen Ritters vor Elvire. Diese fällt aufgrund dieses Anblicks in Ohnmacht und Nicolo flüchtet. Dieses Ereignis wird weiterhin nicht mehr aufgegriffen.

Ein Jahr später verstirbt Nicolos Ehefrau Constanza Parquet mit ihrem Kind und schon kurz danach, vor der Beerdigung, vergnügt sich Nicolo mit anderen Frauen, eine davon ist die Zofe von Xaviera Tartini. Er wird mit ihr von Elvire gesehen, die nach diesem Vorfall in völlige Trauer stürzt. An diesem Tag kehrt auch Piachi früh nach Hause zurück, wo er auf die Zofe trifft, ihr einen adressierten Brief von Nicolo an Xaveria Tartini entreißt und das Mädchen hinausschickt. Piachi setzt sich daraufhin an seinen Tisch und verfasst einen gefälschten Brief an Nicolo und bestellt diesen zur Magdalenen - Kirche, wo der Sarg von Constanza aufbewahrt wird. Seine List glückt, denn Nicolo kommt zu dem vereinbarten Treffpunkt. Er fragt einen der Sargträger, wer sich in dem Sarg befinde und dieser antwortet: Xaviera Tartini. Dieses Ereignis erweckt in Nicolo eine tiefe Scham und er glaubt, dass Elvire hinter diesem Plan steckt. Ab diesem Tag beginnt er sie zu hassen. Aber dann entdeckt er ihr Geheimnis: sie verehrt heimlich in ihrem Zimmer ein lebensgroßes Bild von dem genuesischen Ritter Colino. Davon überrascht eilt er zu der Geliebten des Bischofs, um ihr von der Sache zu erzählen.

Als Piachi und Elvire aufs Land gefahren sind, führt Nicolo Xaviera und ihre kleine Tochter Klara, die sie vom Kardinal gebar, in das Zimmer von Elvire. Beim Anblick des Bildes fällt dem kleinen Mädchen die starke Ähnlichkeit zwischen dem Ritter und Nicolo auf, worauf Xaviera eifersüchtig wird. Ab diesem Moment glaubt Nicolo, dass Elvire für ihn Gefühle hege. Er sitzt eines Tages gegenüber von ihr am Tisch, wo er mit kleinen Namenssteinchen, die er in seiner Jugend hatte, den Namen Colino herauslegt. Dies bestätigt ihn in der Annahme, dass Elvire ihn begehren würde.

Einige Zeit danach ruft Xaviera Tartini Nicolo zu sich und klärt ihn über Colino auf; und zwar dass die Liebe von Elvire einem zwölf Jahre toten genuesischen Ritter gilt, der ihr damals das Leben gerettet hat. Enttäuscht und wutentbrannt fasst Nicolo den Plan sich an Elvire zu rächen. Er wartet bis Piachi erneut aufs Land fährt, verkleidet sich wieder als genuesischer Ritter und wartet an Stelle des Bildes auf Elvire. Als diese in ihr Zimmer eintritt, fällt sie erneut in Ohnmacht. Nicolo versucht daraufhin die Wehrlose zu vergewaltigen. In diesem Augenblick, tritt Piachi ins Zimmer und kann Schlimmeres noch verhindern. Er versucht Nicolo aus dem Haus zu jagen, was sich jedoch als unmöglich erweist, da Piachi ihm das Anwesen und sein ganzes Gut überschrieben hat. Auch wird Nicolo durch ein Dekret vom Bischof, welches er durch eine Gefälligkeit bekommen hat, in seinem Besitzanspruch unterstützt und bestätigt.

Währendessen stirbt Elvire an den Folgen eines Fiebers auf Grund des sich ereigneten Vorfalls. Aus Wut tötet Piachi Nicolo und wird zum Tode verurteilt. Er verzichtet auf die Absolution, um noch in der Hölle an seinem Adoptivsohn seine Rache fortzusetzen. Zu dieser Zeit darf man in Italien niemanden ohne Absolution hinrichten. Nur durch einen Beschluss des Papstes kann die Hinrichtung vollzogen werden. Antonio Piachi wird auf der piazza del popolo aufgehängt.


Autorin: Emine Özcan im Rahmen des Proseminars "Heinrich von Kleist: Prosa" an der Universität Paderborn, Wintersemester 2005/2006. Dozent: Dr. Stefan Elit