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Liebe Kleistianerinnen, liebe Kleistianer, sehr geehrte Damen und Herren,
Sie haben sich einstens für einen fachspezifischen Kleist-Rundbrief registriert. Dieser hier ist nach langer Zeit der dritte (?) seines Zeichens, in dem ich Ihnen ein paar Neuigkeiten mitteilen will.
1. Das Shakespeare-Jahr
Bekanntlich ist Meister William im Mai vor 400 Jahren gestorben. Dem Dichter und seinem Verhältnis zu Kleist (recte: vice versa) wollen sich im Oktober das Kleist-Museum in Frankfurt (Oder) – Genie oder nicht Genie... – und einen Monat später, im November, die Heinrich-von Kleist-Gesellschaft in Berlin – Kleists Shakespeare – in Kolloquien widmen. Unser Beitrag zum Shakespeare-Jahr ist der Reprint von Meta Corssens Buch »Kleist und Shakespeare« (Weimar: Duncker 1930, 202 Seiten). Bestellbar ist das Buch ab sofort zum Preis von 20 Euro (Reihe »Heilbronner Kleist-Reprints«).
2. Alles zum »Käthchen von Heilbronn«
Kürzlich las ich in einem klugen Aufsatz: Die Existenzberechtigung der Geisteswissenschaften zeige sich u. a. daran, inwieweit es ihnen gelinge, ihre hochspeziellen Erkenntnisse einer breiteren Publikumsschicht verständlich und solide zugleich nahezubringen. Was das »Käthchen von Heilbronn« betrifft, habe ich mich dieser »Herausforderung« (Lieblingswort in den 2010er Jahren – ich kann es schon nicht mehr hören!) gestellt und einen großformatigen Band »Alles (was Sie wissen müssen) zum ›Käthchen von Heilbronn‹« herausgebracht (82 Seiten, ca. 200 Abbildungen, 15 Euro). Gedacht war die Veröffentlichung vornehmlich für das Heilbronner Publikum, wo man sich leider auch viel Unsinniges über diese Säulenheilige erzählt. Positive ›überregionale‹ Rückmeldungen ermutigen mich, auch über Heilbronn hinaus darauf hinzuweisen. Anregungen für einen irgendwann erforderlichen überarbeiteten und erweiterten Neudruck nehme ich gern entgegen. Offen ist beispielsweise die Frage von Kotzebues »Käthchen«-Bearbeitung, die ein Ulmer Theaterzettel von 1812 behauptet. Ob das keinen Forscher reizt? (Gemeinhin bekannt ist ja nur die von Holbein, die dem Stück zum Theatererfolg verholfen hat).
3. Die Bestandsdatenbank
Unsere Datenbanken haben aufgrund von erforderlichen Sicherheitsupdates ein wenig ein anderes Gesicht bekommen. Neu ist auch, daß ich im Rahmen von Datenüberprüfungen jetzt beispielsweise in der Bestandsdatenbank sämtliche in Sammelbänden enthaltenen Kleist-Aufsätze sukzessive einfüge. Als Beispiel für die bisherige bibliographisch korrekte, gleichwohl dürftige Angabe sei folgender Sammelband genannt: Resonanzen. Festschrift für Hans Joachim Kreutzer zum 65. Geburtstag. Hrsg. von Sabine Doering, Waltraud Maierhofer u. Peter Philipp Riedl. Würzburg: Könighausen & Neumann 2000. 504 S. Daß dieser Sammelband zehn Kleist-spezifische Aufsätze enthält, war bisher nicht angegeben. Nach erfolgter Ergänzung erfährt man jetzt, was man darin u. a. findet, nämlich S. 241-254: Bohnert, Joachim: Kleists Fichte (»Amphitryon«) S. 255-271: Frick, Werner: Männlicher Blick aus weiblichen Augen. Heinrich von Kleists erotische Idylle »Der Schrecken im Bade« (1808) und die verlorene Unschuld der Literatur S. 273-281: Blamberger, Günter: Ars et mars. Grazie als Schlüsselbegriff der ästhetischen Erziehung von Aristokraten. Anmerkungen zu Castiglione und Kleist S. 283-290: Brown, Hilda M.: Mädchen und Mode bei Kleist S. 291-300: Kohlhäufl, Michael: Des Teufels Wirtschaft als Station der Erkenntnis. Ein klassisch-romantischer Topos in Kleists »Käthchen von Heilbronn« und seine Entwicklung S. 329-341: Paulin, Roger: Künstlerbiographie, Hagiographie und persönliches Schicksal. Zu Ludwig Tiecks Kleistbild und seinem Hintergrund Eine Stichwortsuche in der Bestandsdatenbank dürfte in Zukunft also noch lohnender sein. Recherche-Hinweise versuche ich in einer Hilfe-Datei zu geben, an der ich gelegentlich weiterstricke.
4. Kleist-Bibliographie 2001ff. im Internet?
Sie kennen vielleicht den Band »Kleist-Bibliographie. Teil 3: 2001-2010«, den ich 2013 vorgelegt habe (und der, 512 Seiten umfangreich, noch für 20 Euro zu haben ist). Wie kriegt man nun einen solchen unstrukturierten Textkorpus in eine Datenbank, ohne alles neu abtippen zu müssen? Ich hab’s versucht, die Daten sind transferiert. Ob ›unterwegs‹ etwas verloren gegangen ist, wird noch zu prüfen sein. Recherchierbar sind die Daten aber immerhin schon mal. Es ist derzeit freilich nicht vorgesehen, die Titel mit Erscheinungsjahr 2011 bis 2015 dort einzupflegen. Die entnehme man den jeweiligen Ausgaben der »Heilbronner Kleist-Blätter« bzw. der in Vorbereitung befindlich Großkumulation »Kleist-Bibliographie. Teil 6: 2001-2015«, die irgendwann in diesem Jahr noch erscheint und mit der ich mich dann von der bibliographischen Arbeit vorläufig verabschiede.
5. Mir kocht die Blut!
"Mir kocht die Blut! Eine wunderbare Welt der Querulanten und Sonderlinge" – eine Doppel-CD von und mit Roger Willemsen und Anke Engelke. Wir haben sie in unserer Sammlung, weil es darin u. a. auch um Michael Kohlhaas geht. Dieser aphoristische Hinweis soll zweierlei deutlich machen: erstens, daß man in unserer Bestandsdatenbank (fast) alles findet, was wir in Heilbronn in der Sammlung haben (es fehlen aber beispielsweise die Grafiken, und die Theaterplakate sind "nur" optisch dingfest gemacht), zweitens, daß wir grundsätzlich auch Ephemerstes zu Kleist sammeln, das man sonst vielleicht nicht findet (Lexikon der Verlierer. Von Adam bis Zinédine Zidane und ähnliche Merkwürdigkeiten).
6. »Käthchen«-Rezeption
Eine Vielzahl von volkstümlichen Nacherzählungen des »Käthchen von Heilbronn« haben wir neu gedruckt, wobei uns der Mammutroman eines Robert Frankenburg (Pseudonym? Aber doch nicht Karl May!) mit seinen 3.200 Druckseiten besonders am Herzen liegt (ein weiterer Frankenburg-Roman handelt vom Bayern-Kini, dem zwoten Ludwig vom Starnberger See). Der Autor hat in seinem »Käthchen«-Werk vieles zusammengequirlt. Von Kleist beispielsweise neben dem »Käthchen« auch die Schroffensteiner. Anderes harrt noch der Dechiffrierung. Um der Machart dieser Art gelesener Literatur (Dienstmädchenkost) exemplarisch auf die Spur zu kommen, lassen wir Inhaltsangaben der einzelnen Kapitel anfertigen, um das Ganze ›händelbarer‹ zu machen. Etwa die Hälfte haben wir geschafft. Unter sozialgeschichtlichen und lesersoziologischen Gesichtspunkten ein spannendes Thema (bei dem man leider aber wohl mit Derrida und Lacan kaum weiterkommt). Mitstreiter für die noch ausstehenden Inhaltsangaben sind dringend gesucht und mögen sich melden. – Die kompletten fünf Bände kosten nur noch 50 Euro. Wer mindestens eine Inhaltsangabe zu einem Kapitel liefert, zahlt gerade mal 20 Euro (jeweils plus 4 Euro Versand, denn die Dinger sind höllisch schwer).
Liebe Kleist-Freundinnen und -Freunde, die Sie bis hierher tapfer durchgehalten haben: Sie sehen, es gibt durchaus noch manches zu tun, auch wenn es um unseren Dichter medial mehr als ruhig geworden ist.
In der Hoffnung, daß mal wieder die Sonne dauerhafter scheint, grüße ich Sie herzlich und freue mich auf Ihr Feedback.
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