Franz Ferdinand Hoepfner
Heinrich von Kleist
Du Wanderer, weltweiter Unrast voll,
Den liebend nicht die Liebe bindet;
Der aus dem Labyrinthe, sehnsuchtstoll,
Zum rechten Lichte keiner Freude findet;
Der noch begeistert trunken niederkniet
Am herzblut-lodernden Altare,
Und mit verhülltem Antlitz wieder flieht,
Irrsuchend alles Echte, Schöne, Wahre.
Du trugst des Sängers ungebrochne Kraft
Und Jugendhoffen durch verfehltes Leben,
Und hast aus eigner, dunkler Daseinshaft
Das Sonnenedle deiner Kunst gegeben.
Stark schufest du der Freiheit Ehrenmal,
Gabst einen Sittenspiegel strenger Pflichten,
Und stelltest schlicht und ehrlich das Fanal
Des Rechtes über willensschwaches Richten.
So lebt dein Geist in ernster Größe Ring,
Lebt in der Jugend kühnem Schicksalsgange;
Du bliebst die Jugend, denn dein Sternbild ging
Zur Gipfelewigkeit im Schöpferdrange.
Franz Ferdinand Hoepfner
Aus: Unterhaltungsblatt zur Deutschen Tageszeitung, 3. Beiblatt, 17. 10. 1927