Karl Henckell
Sonnentod
Es stieg in kühnem Morgenfeuer
Von Osten auf der Held des Lichts,
Der Schatten lagernd Ungeheuer
Lodernd zu schleudern in das Nichts.
Jäh über Berg und Flut hinfahren
Ließ er des Speeres Blitz und Glanz,
Schon wankten der Dämonen Scharen
Im purpurtrunkenen Waffentanz.
Welch urgewaltig Glutenzucken! – –
Da kroch der Dunstdrach um die Welt.
Unheimlich Wälzen, Schleichen, Rucken.
Ein Ringen. Röcheln. Nebelschlucken …
Erstickt im Sumpf – der Sonnenheld.
1911
Karl Henckell (1864-1929)
Erstdruck in: Jugend. Illustrierte Wochenschrift für Kunst und Leben. Jg. 1911. Nr. 46 (Kleist-Sondernummer).
Wiederabdruck: Minde-Pouet (1927), S. 45. – Sembdner (2. Aufl. 1985), S. 43.