Ursula Kramm-Konowalow
Stelldichein des Dichters Heinrich von Kleist mit dem Tod
kein Fischerboot fuhr auf dem Wannsee
das kalte Frösteln schien nur die Kulisse
ein Graureiherpaar stand unbewegt, es
blickte landwärts, arglos vertrauend der
gewohnten Stille und abgeschirmt von
fahler Nebelseide, die eben den Himmels-
raum vom Wasser trennte, bis Wind und
Sonnenhand den Blick dahin frei gäben
am Ufer warteten Zwei auf den Vollzug
der Hochzeit mit dem Tod, die Frau mit
kirschenroten Wangen, die Hände in den
Taschen noch verborgen, der Mann
statt Ringen waren Kugeln vorbereitet
direkt ins Herz zu senken als Besiegelung
sonst keine Gäste, nichts mehr irdisch
die Zeremonie dauerte Sekunden,
zwei Schüsse und alles war vorbei
das Wasser hat das Drama überwunden,
wusch das Ufer wie eine Leichenwäscherin,
manch kleine Blüte hat sich eingefunden
vom Wind gebracht, demütig und schön
Aus: Kleist & ich. Annäherung und Begegnung. Anthologie Kleist-Literaturwettbewerb 2011. Hrsg.: Freier Deutscher Autorenverband (FDA), Schutzverband Deutscher Schriftsteller, Landesverband Brandenburg e. V., in Kooperation mit dem Kleist-Museum, Frankfurt (Oder). Storkow (Mark): Ed. Märkische LebensArt 2012. S. 80
© Ursula Henriette Kramm-Konowalow
Mit freundlicher Genehmigung der Autorin