Lily Schwenger-Cords
Kleist's Grab
Hell lag das Lenzlicht auf dem Havelsee
Die Kiefern dunkelten, – still zogen Schwäne.
Wir kamen voller froher Frühlingspläne.
Durst, Hunger, – unser einzig Jugendweh.
Da – an des Hügels grün umbuschter Lehne
Ein hoher Eichbaum und, – wir stockten jäh, –
Ein Grabmal. – – Vögel sangen in der Näh'. –
Heinrich von Kleist. – Wer schämte sich der Träne? –
Hörst du den Herzschlag noch, den letzten, schwachen?
Die Waffe raucht, – der dumpfe Schuß verhallt.
Fern horcht ein Fischer auf im braunen Nachen.
O du geliebte, sieghafte Gestalt! –
Ich riß die Rosen aus dem Gürtel. – – Lachen
Und Menschenlärm. – – Wir flohen in den Wald.
Lily Schwenger-Cords
Aus: Schwenger-Cords, Lily: Der Steinbruch. Sonette, Sizilianen und andere Gedichte. Freiburg i. Br.: Ernst Günther Verlag 1923. S. 24.