Hermann Stodte
Heinrich von Kleist.

Wie ein Herz, vom deutschen Leid entzündet,
Wenn es echt ist, aufflammt, lodert, glutet,
Wie es schmachgepreßt schmerzvoll verblutet,
Hat uns, Heinrich Kleist, dein Los verkündet.

Beugten sich die Seelen von Lakaien,
Schlug das Feuer dir aus allen Nerven,
Schürtest Haß, den deutschen Gram zu schärfen,
Sandtest Hermann, Deutschland zu befreien.

Aus abgründig reichen Seelentiefen
Quollen Lieb' und Zorn, vulkanisch wallend,
Und wie Felslawinen, talwärts fallend,
Stürzten Worte, die nach Rache riefen.

Doch kein Echo, das weithin sich schwellte –
So im jähen Niederbruch erfaßten
Dich allein die leidgetürmten Lasten,
Daß im Sturz dein reiches Herz zerschellte.

Deine Schmerzen sind die unseren wieder.
Wieder auch ruft deine Seherstimme
Uns zur Liebe auf, zu Zorn und Grimme.
Doch uns brach die Seele krank danieder.

Nur in einigen starken Herzen lauert
Funke künftiger Flamme. Mag man rauben
Deutscher Seele letzte Scham – wir glauben,
Daß sie nackt die Schande überdauert.

Mögen Fremde peitschen ihre Blöße
und ihr in das edle Antlitz speien!
Einst wird doch ein Hermamann sie befreien,
Daß sie glüht in alter Kraft und Größe.


Hermann Stodte (1871-1939)
Aus: Deutschlands Erneuerung. Monatsschrift für das deutsche Volk. München. 5. Jg. 1921. H. 7. S. 425