Friedrich de la Motte Fouqué
Abschied von Heinrich von Kleist

Zu gleicher Zeit der ersten Waffen froh
An Rheines Ufern, zwischen Kriegsgewittern
Und blüh'nder Rebenlauben Herrlichkeit, –
In gleichen Tanzgewinden jünglingshell, –
Aufglüh'nd in gleicher Dichterlust, mein Heinrich,
So standen wir, nun fest im Männerbund
Die treue Hand uns drückend, uns're Lieder
Einander, goldnen Wechselpfeilen gleich,
Entgegensendend in die freud'ge Brust.
Nun kommt – nach neuen Klängen sah ich aus –
Nun kommt von Dir herüber Todesklang!
Und wie Du oft belebend süße Zähren
In's Auge mir gelockt, rufst Du den Quell,
Den bittern, schmerzlichen des Scheidens auf.
Gut' Nacht! Und Gottes treue Huld mit Dir!
Die Sängerkrone muß Dir Deutschland flechten,
Die Deinem Hügel ziemt. Den Kriegergruß,
Der sonst mit dreimal ernstem Waffendonner
Versuchter Kämpfer edle Ruhstatt ehrt,
Den nimm von mir. Ich trockne mir das Auge,
Mit Männerernst hintret' ich an die Gruft,
Und rufe dreimal: Feuer! wie ein Kriegsmann,
Wo du, mit Deinen kühnen Heldenbildern,
Du edles Feuer in die Erde sankst.
Fahr wohl, Du mein Genoß in Kampf und Lied!

28. November 1811


Friedrich de la Motte Fouqué (1777-1843)
Erstdruck in: Erholungen. Ein thüringisches Unterhaltungsblatt für Gebildete. Jg. 1. Erfurt, Jan. 1812.
Wiederabdruck: Jahrbuch der Kleist-Gesellschaft. 1922. S. 53-54. – Minde-Pouet (1927), S. 5. – Sembdner (2. Aufl. 1985), S. 8.
Siehe auch: Heilbronner Kleist-Blätter 27.