Ernst Vowinckel
Kleist

Du starbst mit vielen oft den dunklen Tod,
geliebter Kleist: mit allen den Gestalten,
die unerschöpflich neu sich uns entfalten,
nachdem sie rief dein herrisches Gebot.

Du speistest sie mit deinem Lebensbrot.
Was sie an Glauben leidenschaftlich ballten:
des Schicksals Blitze haben es zerspalten.
In Kinderaugen brannte Abendrot.

Gigantisch türmtest du die Perioden.
Wir staunten uns hinein und bangten nicht:
viel Feines, Kleines knistert in den Fugen.

Du lebst, ob du zu früh im Föhrenboden
dich niederlegtest, weil das Weltgewicht
die wandermüden Füße nicht mehr trugen.


Ernst Vowinckel (1872-1943)
Aus: Ernst Vowinckel: Philosophie und Dichtung. Sonette. Berlin: Herbig 1924. S. 42