Reinhold Braun
An Heinrich von Kleist

Nun wollen wir liebend deiner gedenken
Und unsere Seele in deine versenken
Und ihre irdische Wallerzeit!
Möge ein Segen der Stunde entblühen,
Daß wir durch ferne Tage erglühen
Für deine Kunst.

In Sehnsucht bist du dies Leben gegangen;
In Sehnsucht hat dein Auge gehangen
An jenen Bergen, die ewig sind.
Du wachtest die Nächte in einsamen Schmerzen
Und schürtest die atmende Flamme im Herzen
Zu loderndem Brand.

Die Schönheit trat aus der goldenen Lohe
Und hauchte dir Worte, heilige, hohe,
Die göttlicher Kraft und unsterblich sind. –
Ein Gipfelstürmer und Glutentzünder,
Ein Kämpfer warst du und Freiheitkünder
Und ein Prophetengeist!

Zu früh, ach, sankst du in Nacht und Tod. –
Auf deinem Grabe ins Morgenrot
Blühten der Freiheit Rosen.
Nun gehst du mit uns in verklärter Gestalt,
Und es rauscht deiner Harfe Himmelsgewalt
In Ewigkeit.


Reinhold Braun [d. i. Reinhold Braun-Eckelsbach] (1879-1959)
Aus: Braun, Reinhold: Heinrich von Kleist. Ein Volksabend. Gotha: Perthes 1911. S. [5] S. (Volksabende. 34)