Heinrich von Kleist im Fernsehen

© 2007 Kleist-Archiv Sembdner, Heilbronn


BAYERN, 20. 3. 2007, 23:35 - 01:10 Uhr
Michael Kohlhaas - der Rebell. Deutschland 1969


Der Pferdehändler Michael Kohlhaas ist mit einer Koppel prächtiger Tiere unterwegs zum Markt nach Wittenberg, als man auf dem Gebiet des Junkers Wenzel von Tronka entgegen allen früheren Gepflogenheiten einen Passierschein von ihm verlangt. Kohlhaas muß zwei Pferde als Sicherheit dafür zurücklassen, daß er den Schein nachreichen wird.

In Wittenberg erfährt er, daß er nach wie vor keinen Passierschein braucht. Bei seiner Rückkehr auf Tronkas Burg findet er die Pferde als elende Mähren vor, man hat sie schwer auf den Feldern arbeiten und halb verhungern lassen. Kohlhaas weigert sich empört, die Tiere in diesem Zustand zurückzunehmen, und verlangt Wiedergutmachung. Er geht vor Gericht, aber ohne Erfolg. Kurz darauf trifft ihn ein furchtbarer Schlag: Als seine Frau Elisabeth bei Hof eine Bittschrift überreichen will, verunglückt sie tödlich.

In seiner Verzweiflung stellt Kohlhaas dem Junker ein Ultimatum; als die gesetzte Frist verstrichen ist, überfällt er nachts mit seinen Knechten Tronkas Burg und brennt sie nieder. Der Junker entkommt jedoch nach Wittenberg. Kohlhaas verfolgt ihn dorthin mit einem ständig wachsenden Haufen aufrührerischer Bauern, entlassener Soldaten und räuberischen Gesindels, dem es nur um Beute geht, wo er Gerechtigkeit sucht.

Als die Wittenberger Obrigkeit die Auslieferung des Junkers ablehnt, fällt Kohlhaas mit seinen Männern brandschatzend in die Stadt ein. Die wachsenden Unruhen kommen dem Kurfürsten höchst ungelegen, darum läßt er Kohlhaas über Martin Luther Straffreiheit und eine Wiederaufnahme seines Prozesses gegen den Junker zusichern, wenn er seine Armee auflöst und sich stellt.

Kohlhaas nimmt das Angebot an und reitet nach Dresden. Dort erfüllt sich sein Schicksal.

Völker Schlöndorffs Verfilmung der berühmten Novelle Heinrich von Kleists - erschienen 1808 - entstand Ende der Sechzigerjahre mit internationaler Besetzung. Auf dem Filmfestival von Cannes wurde Schlöndorff für eine "Goldene Palme" nominiert - eine Ehre, die ihm 1966 schon sein Debütfilm "Der junge Törless" und 1967 der Kriminalfilm "Mord und Totschlag" einbrachten. 1979 war es dann so weit, mit "Die Blechtrommel" gewann er neben dem Auslandsoscar auch die "Goldene Palme".

"Michael Kohlhaas - der Rebell" war der "erste internationale Großfilm" eines Regisseurs des Jungen Deutschen Films. Die amerikanische Produktions- und Verleihfirma Columbia brachte einen Großteil des enormen Budgets (ca. 3 bis 3,5 Millionen Mark) auf - und diese Tatsache bedeutete für Schlöndorff dramaturgische, künstlerische und thematische Kompromisse. Das beginnt bei der Besetzung, setzt sich fort bei der Sprache (gedreht wurde in Englisch) und endet damit, daß der fertige Film eher an schlechte Italo-Western denn an Kleist erinnert. Schlöndorff, der ganz ohne Argwohn und voll guten Willens sich den Mechanismen einer auf den Weltmarkt ausgerichteten Produktion ausgesetzt hatte, war um eine wichtige Erfahrung reicher: "Das Unternehmen ist gescheitert. Was ich hier sage, ist keine Rechtfertigung. Ich finde den Film nach wie vor sehr schön. Seit dieser Zeit bin ich aber äußerst skeptisch solchen Koproduktionen gegenüber, weil man sich mit dem Geld, das man aus dem Ausland bekommt, auch gleichzeitig so viele Auflagen einhandelt, daß der angestrebte Film irgendwo unterwegs verloren geht. Ein Film sollte möglichst konkret sein. Das heißt, daß ein deutscher Film, gerade, damit er international wettbewerbsfähig ist, besonders deutsch sein muß. Ich glaube nicht, daß man Filme so synthetisch herstellen kann, indem man sich von überall her die besten Elemente zusammensucht und glaubt, daß das dann am Ende was ergibt''. (Joe Hembus: Der neue deutsche Film 1960-1980)

Das Ensemble war international, angefangen vom britischen Titelhelden David Warner über die Französin Anna Karina als Frau des Michael Kohlhaas, dem großen deutschen Bühnenstar Thomas Holtzmann als Priester bis hin zu der 1944 in Rom geborenen Rolling-Stones-Muse Anita Pallenberg als Katrina, die - begabt und von höchst erotischer Ausstrahlung - als Model, Schauspielerin und Mode-Designerin Erfolg hatte. Schlöndorff hatte Antia Pallenberg schon in seinem lakonischen Krimi "Mord und Totschlag" zwei Jahre zuvor besetzt - damals war sie sogar mit der Hauptrolle betraut.

(Quelle: www.tvinfo.de, aufgerufen 16. 3. 2007)