Ein Kleist-Preis ohne Preisträger
In ihrer als Band 19 der Reihe »Deutsches Literaturarchiv. Verzeichnisse, Berichte, Informationen« erschienenen Dokumentation »Literatur- und Kulturpreise 1859-1949« (Marbach: Dt. Literaturarchiv 1996) verzeichnet Eva Dambacher auf Seite 97 für das Jahr 1947 einen Kleist-Preis, dessen Daten hier wiedergegeben werden:
Gründungsjahr: 1947
Stifter: Conradus-Verlag, Berlin
Jury: Verleger Wolfgang Müller, Schriftsteller und Chefredakteur Martin Rintelen, Lektor Heinrich Weber
Vorgesehener Vergabeturnus: jährlich
Zielsetzung: Förderung von Autoren, die »Werke [Romane] der Gegenwartsdichtung von großem Wirklichkeitswert und hohem dichterischen Rang schaffen«.
Weitere Bedingungen für eine Preisvergabe: die Manuskripte müssen unveröffentlicht sein. Zugleich wird »der preisgekrönte Roman […] Eigentum des Conradus-Verlages und von ihm zu den üblichen Honorarbedingungen zur ersten Veröffentlichung erworben.«
Als Preissumme sind 7.000 DM genannt.
Offenbar ist der Preis aber nie vergeben worden. (Der Verlag hatte offenbar auch keine sehr lange Lebenszeit.)
Reinhard Würffels ansonsten sehr verdienstvolles »Lexikon deutscher Verlage von A – Z« (1.7071 Verlage und 2.800 Verlagssignete vom Anfang der Buchdruckerkunst bis 1945. Adressen – Daten – Fakten – Namen. Berlin: Verl. Grotesk 2000) kennt den Conradus-Verlag nicht, verweist aber unter »Wolfgang Müller« auf die von 1909 bis 1945 bestehende Hutten Verlag GmbH, bei der ein Wolfgang Müller von 1924 bis 1926 Geschäftsführer war.
Eine kursorische Durchsicht des KVK hat folgende Titel des Conradus-Verlags ergeben:
1947
Gerhard Fleischmann: Alle Tode säen. Berlin: Conradus-Verl. 1947
Ernst Theodor Amadeus Hoffmann: Künstler-Novellen. Berlin: Conradus-Verl. 1947
Kleines Andante. Novellen um Gluck, Mozart, Haydn. Berlin: Conradus-Verl. 1947
Fritz Martin Rintelen: Abrechnung. Berlin: Conradus-Verl. 1947
1948
Charles Dickens: Londoner Geschichten. Berlin: Conradus-Verl. 1948
Gottfried Keller: Klang der Frühe. [1.-5. Tsd.]. Berlin: Conradus-Verl. 1948
Gottfried Keller: Seldwyler Geschichten. Spiegel, das Kätzchen. Kleider machen Leute. Berlin: [Conradus-Verl. Abt.] Felsen-Verl. 1948
Viktor Klages: Der Weg zum Soria Moria Schloß. Berlin: Conradus-Verl. 1948
Fritz Martin Rintelen: Der Zauberer. Berlin: Conradus-Verl. 1948
Kosch, 3. Aufl. Bd. 10. 1986, kennt einen Müller, Wolfgang (1907-1967), Dramaturg und Theaterintendant (1944-1947), Schriftsteller, Herausgeber und Rundfunkmitarbeiter in Tübingen. Unter den von ihm herausgegebenen Werken: »C. Dickens, Seltsame Geschichten, 1947« (Sp. 1541).
Sicher identifiziert: Rintelen, Fritz Martin (Pseudonym: Friedrich Vlotho), 1892-1963. Lt. Kosch, 3. Aufl. Bd. 13. 1991: Chefredakteur in Berlin. Von 1926 bis 1930 gemeinsam mit H. E. v. Zobeltitz Herausgeber von »Daheim« mit der Jugendbeilage »Die Arche Noah«, Erzähler. Seine Bücher: Der Ritter. Gedichte. 1918. – Der Sinn des Weltkrieges und der Sinn der deutschen Revolution. 1919. – Spartakus und Liebknecht. 1919. – Volk – Staat – Friede. 1919. – Das fliegende Schiff. Ein Zeppelin-Roman. 1937. – Aufruhr in Hessen. Novelle. 1943. – Franz Grillparzer. Ein Lebensbild in Selbstzeugnissen. 1947. – Gottfried Keller, Sänger und Vorkämpfer der Freiheit. 1947. – Abrechnung. Novelle. 1947. - Der Zauberer. Roman. 1948. (Sp. 32)
- ge, 13. 6. 2012 -