Satzung der Kleist-Stiftung vom 18. März 1912
§ 1. Der Verein führt den Namen Kleist-Stiftung. Er ist gegründet anläßlich des hundertsten Todestages Heinrichs von Kleist (1911). Er bezweckt, Ehrengaben aufstrebenden und wenig bemittelten Dichtern deutscher Sprache, Männern und Frauen, zu gewähren. Sein Sitz ist Berlin.
Er soll in das Vereinsregister eingetragen werden.
§ 2. Die Mitgliedschaft steht allen offen. Sie wird durch Anmeldung beim Vorstand erworben.
Die Aufnahme von Mitgliedern, die ihm ungeeignet erscheinen, kann der Vorstand ablehnen.
Jedes Mitglied hat einen Jahresbeitrag von mindestens zwei Mark zu entrichten. Die lebenslängliche Mitgliedschaft wird durch eine einmalige Zahlung von 100 Mark erworben.
Verliehen wird die lebenslängliche Mitgliedschaft vom Vorstand den mit einer Ehrengabe bedachten Dichtern.
Der Austritt aus dem Verein kann jederzeit erfolgen; er erfordert eine schriftliche Erklärung an den Vorstand. Der Ausscheidende ist, wenn er den Austritt nicht mindestens drei Monate vor Ablauf des Geschäftsjahres erklärt, zur Zahlung des Mitgliedbeitrages für das folgende Geschäftsjahr verpflichtet.
Die Mitgliedschaft wird verwirkt, wenn das Mitglied gröblich gegen die Zwecke des Vereins verstößt oder mehrfach mit Jahresbeiträgen im Rückstande bleibt. Über den Ausschluß entscheidet der Vorstand. Dem Mitglied steht die Berufung an die nächste Mitgliederversammlung zu.
§ 3. Den Verein leiten der Vorstand und der Kunstrat. Der Vorstand führt die Geschäfte. Er besteht aus fünf Personen: einem Vorsitzenden, einem Schriftführer, einem Schatzmeister und zwei Beisitzern.
Die Mitgliederversammlung wählt ihn für die Dauer von drei Jahren. Wenn ein Mitglied aus dem Vorstande während seiner Amtszeit ausscheidet, ergänzt sich der Vorstand durch Zuwahl, die der Bestätigung durch die nächste Mitgliederversammlung bedarf.
§ 4. Der Verein wird durch den Vorsitzenden und ein zweites Vorstandsmitglied gerichtlich und außergerichtlich vertreten.
Eine den Verein verpflichtende schriftliche Erklärung muß durch zwei Mitglieder des Vorstandes unterzeichnet sein.
Der Vorstand gibt sich eine Geschäftsordnung. Er faßt seine Beschlüsse mit einfacher Stimmenmehrheit. Er ist beschlußfähig, wenn mindestens drei Mitglieder an der Beschlußfassung teilnehmen. Bei Stimmengleichheit entscheidet die Stimme des Vorsitzenden.
§ 5. Der Kunstrat besteht aus sieben Personen. Der Vorsitzende des Vorstandes gehört ihm ohne weiteres an. Die Mitgliederversammlung wählt die übrigen sechs Personen.
Der Kunstrat wird für die Dauer von drei Jahren gewählt. Wiedergewählt darf ein Mitglied des Kunstrats erst drei Jahre nach Ablauf seines Amtes werden. Scheidet ein Mitglied während der Dauer seines Amtes aus dem Kunstrat aus, so wählen die übrigen Mitglieder umd die Mitglieder des Vorstandes gemeinsam ein Ersatzmitglied.
Der Kunstrat gibt sich in einer gemeinsamen Sitzung mit dem Vorstand, der in dieser Sitzung das Recht hat, mitzustimmen, eine Geschäftsordnung (siehe Anlage). Für Beschlüsse des Kunstrats genügt einfache Mehrheit der abgegebenen Stimmen: mindestens fünf Mitglieder müssen sich an der Abstimmung beteiligen.
§ 6. Der Verein gewährt Ehrengaben.
Ehrengaben können auch ohne Bewerbung verliehen werden.
Bewerbungen nimmt der Vorstand entgegen und überweist sie dem Kunstrat.
Der Kunstrat ermittelt die geeignetsten Bewerber, die nach Maßgabe der zur Verfügung stehenden Mittel mit Ehrengaben zu bedenken sind.
Die Höhe der für jedes Jahr zu verteilenden Summe bestimmen der Kunstrat und der Vorstand in einer gemeinsamen Sitzung, die spätestens im Januar stattzufinden hat und der der Vorsitzende des Vorstandes vorsitzt. Zur Beschlußfassung ist eine Mehrheit von zwei Dritteln der Stimmen von sämtlichen Mitgliedern des Vorstandes und des Kunstrates erforderlich. Eine schriftliche Abgabe der Stimmen ist zulässig; bei Stimmengleichheit entscheidet die Stimme des Vorsitzenden.
Der Kunstrat bestimmt selbständig darüber, an wieviele Personen und zu welchen Teilen die Ehrengaben zu vergeben sind.
Die Ehrengabe darf demselben Bewerber zu wiederholten Malen gewährt werden.
§ 7. Eine Mitgliederversammlung ist jedes Jahr innerhalb der ersten drei Monate nach Schluß des Geschäftsjahres zu berufen. Die Einladung an die Mitglieder erfolgt schriftlich und spätestens zwei Wochen vor der Sitzung.
Die Mitgliederversammlung faßt ihre Beschlüsse mit einfacher Mehrheit der Stimmen der erschienenen Mitglieder.
Ein Antrag auf Änderung der Satzung muß, um auf die Tagesordnung gesetzt zu werden, vom Vorstand eingebracht oder von 25 Mitgliedern gestellt werden. Der Antrag ist vier Wochen vorher den Mitgliedern mitzuteilen.
Die Satzungsänderung selbst bedarf der Zustimmung von drei Vierteln der erschienenen, mindestens aber von 30 Mitgliedern.
Ist die Mitgliederversammlung nicht beschlußfähig, so ist eine neue, in jedem Fall beschlußfähige Versammlung zu berufen, die erst sechs Wochen später tagen darf.
Über die Mitgliederversammlung ist ein schriftliches Protokoll zu führen.
Zur Gültigkeit der Beschlüsse bedarf es der Unterzeichnung des Protokolls durch den Vorsitzenden und durch zwei Mitglieder des Vereins.
Der Mitgliederversammlung liegt außer den schon genannten Aufgaben ob: die Entgegennahme des Berichts des Vorstandes und des Kunstrats; die Beschlußfassung über die Entlastung des Vorstandes und die Wahl von zwei Revisoren, die den Kassenbericht zu prüfen und in der nächsten Mitgliederversammlung über ihn zu berichten haben. Finden die Revisoren den Kassenbericht nicht in Ordnung, so sind sie verpflichtet, den Vorstand sofort zu ersuchen, eine außerordentliche Mitgliederversammlung einzuberufen.
Eine außerordentliche Mitgliederversammlung hat der Vorstand auch einzuberufen, wenn ein Viertel der Mitglieder es schriftlich fordert. Doch genügt in jedem Fall der Antrag von 50 Mitgliedern.
§ 8. Das Geschäftsjahr ist das Kalenderjahr.
§ 9. Löst sich der Verein auf, so soll das Vermögen des Vereins zur Hälfte dem Vorort der Schillerstiftung in Weimar, zur anderen Hälfte dem Zweigverein der Schillerstiftung zu Berlin zufallen.
Die Schillerstiftung, der Vorort wie der Zweigverein, haben das Vermögen im Sinne des § 1 der Satzung zu verwalten.
Die Auflösung des Vereins kann nur dann stattfinden, wenn die Zahl der Mitglieder unter zwölf sinkt. Auch dann ist eine Mehrheit von drei Vierteln der erschienenen Mitglieder erforderlich.
§ 10. Der Vorstand ist berechtigt, bis zur Eintragung des Vereins die vom Registerrichter geforderten Abänderungen vorzunehmen.
Diese Satzung ist am 18. März 1912 errichtet.
(Aus: Der Kleist-Preis 1912-1932. Eine Dokumentation)