SATZUNG DER KLEIST-GESELLSCHAFT (1920)
Die am 4. März 1920 in Berlin gegründete Kleist-Gesellschaft soll unter diesem Namen in das Vereinsregister in Frankfurt a. d. Oder, der Heimatstadt Heinrich von Kleists, eingetragen werden. Der Sitz der Gesellschaft ist Frankfurt a. d. Oder.
Die Gesellschaft bezweckt, die Erinnerung an den Dichter im deutschen Volke lebendig zu erhalten und das Verständnis für sein Werk wie für seine Persönlichkeit, insbesondere die durch ihn beflügelte vaterländische Gesinnung auf jede Weise zu fördern, auch die mit seinem Namen verknüpfte Literatur- und Geistesgeschichte zu pflegen, namentlich durch Veröffentlichungen, Veranstaltung und Förderung von Vorträgen, Vorlesungen und Theatervorstellungen.
Die Kleist-Bibliothek Ottomar Bachmanns soll ausgebaut und der allgemeinen Benutzung zugänglich gemacht werden; sie soll auch andere Frankfurter Dichter berücksichtigen.
Die Stadt Frankfurt a. d. Oder ist Schutzherrin der Gesellschaft.
§ 3
Mitglieder können natürliche und juristische Personen und sonstige Vereinigungen werden. Die Mitgliedschaft wird erworben durch schriftliche Anmeldung beim Schriftführer des Geschäftsführenden Ausschusses (§ 7), Zustimmung zur Aufnahme durch den Vorstand, auf Aufforderung hin erfolgende Zahlung des für das jeweilige Geschäftsjahr von der Mitgliederversammlung festzusetzenden, mindestens 20 Mark betragenden Beitrags und schriftliche Bestätigung des Ausschusses. Das Geschäftsjahr ist das Kalenderjahr. Die mit der Mitgliedschaft verbundenen Rechte beginnen mit der Zahlung des Beitrages. Durch Zahlung eines einmaligen Beitrages von mindestens 1.000 Mark wird die lebenslängliche Mitgliedschaft erworben.
Die Einzahlung der Beträge erfolgt im ersten Vierteljahr jedes Jahres. Nach dem 1. April wird der Beitrag durch Postauftrag eingezogen.
Der Austritt kann durch schriftliche Erklärung an den Schriftführer des Geschäftsführenden Ausschusses jederzeit, jedoch spätestens zwei Monate vor Anfang des neuen Jahres erfolgen. Für besondere Verdienste um die Gesellschaft kann die Mitgliederversammlung die Ehrenmitgliedschaft verleihen.
Die Mitglieder haben Sitz und Stimme bei den Tagungen der Gesellschaft. Sie haben ferner das Recht zur Benutzung der Kleist-Bibliothek in Frankfurt a. d. Oder, unter Innehaltung einer für sie erlassenen Benutzungsordnung. Sie erhalten ferner, wenn möglich, unentgeltlich die in freier Folge erscheinenden Schriften der Kleist-Gesellschaft und die sonstigen Veröffentlichungen. Den Mitgliedern sollen Vergünstigungen bei Vorträgen, Vorlesungen, Aufführungen in Frankfurt a. d. Oder und anderen Orten Deutsch-lands gewährt werden.
Der Vorstand besteht aus den in der Gründungsversammlung vom 4. März 1920 gewählten Personen. Ihre Zahl darf nicht mehr als zwanzig betragen. Ein neuer Vorstand wird von der Mitgliederversammlung (§ 11) für ein Jahr gewählt, und zwar zum erstenmal im Herbst 1921 für das Jahr 1922. Der Vorstand soll bestehen aus Fachgelehrten der Kleistforschung, führenden Persönlichkeiten der Wissenschaft, der Kunst und des öffentlichen Lebens. Zum Vorstand gehört der jeweilige Erste Bürgermeister der Stadt Frankfurt a. d. Oder oder ein in Frankfurt a. d. Oder ansässiges Mitglied. Der Vorstand wählt aus seiner Mitte den Vorsitzenden und dessen Stellvertreter.
Vorstand im Sinne des BGB ist der jeweilige Erste Bürgermeister von Frankfurt a. d. Oder. Es liegt ihm insbesondere ob die gerichtliche und außergerichtliche Vertretung der Gesellschaft. Er ist berechtigt, sie auch in solchen Fällen zu vertreten, in denen das Gesetz eine Sondervollmacht verlangt. Der Vorsitzende des Geschäftsführenden Ausschusses erläßt die Einladungen zu den Sitzungen des Vorstandes und der Mitgliederversammlungen. Die Einladungen erfolgen schriftlich unter Mitteilung der Tagesordnung.
Zur Unterstützung des Vorstandes wird ein Geschäftsführender Ausschuß gewählt, und zwar in gleicher Art wie der Vorstand selbst. Dieser Ausschuß hat das Recht der Zuwahl. Zum Geschäftsführenden Ausschuß gehören als erster Vorsitzender der Erste Bürgermeister der Stadt Frankfurt a. d. Oder, ferner ein Schriftführer, ein Schatzmeister und höchstens noch sechs Personen. Der Geschäftsführende Ausschuß erledigt die laufenden Geschäfte.
Zu Beschlüssen des Vorstandes und Ausschusses ist die Anwesenheit von mindestens fünf Mitgliedern nötig. Bei den Beschlüssen entscheidet die einfache Stimmenmehrheit, bei Stimmengleichheit die Stimme des Vorsitzenden. Über die Sitzungen ist eine Niederschrift aufzunehmen, die von zwei Vorstandsmitgliedern unterzeichnet werden muß.
Ein Großer Ausschuß dient nur zu Werbezwecken. Er wird gewählt vom Vorstand aus Persönlichkeiten, die geeignet sind, für den Verein und seine Zwecke zu werben. Die Auswahl der Personen soll unter dem Gesichtspunkte dieses Zweckes, ohne Rücksicht auf Partei- und Bekenntnisunterschiede, erfolgen.
Die Gesamtheit der Mitglieder bildet die Mitgliederversammlung.
Zu den Obliegenheiten der Mitgliederversammlung gehören:
1. Erstattung des Jahresberichts, Prüfung der Jahresrechnung, Entlastung des Schatzmeisters und Genehmigung des Haushaltsplanes für das folgende Jahr;
2. Wahl des Vorstandes und des Geschäftsführenden Ausschusses;
3. Änderungen der Satzungen und Auflösung des Vereins;
4. sonstige Punkte der Tagesordnung.
Die ordentliche Mitgliederversammlung findet jährlich zur Erinnerung an Kleists Geburtstag im Oktober statt. Es soll ihr ein Kleist betreffender Vortrag vorangehen.
Die Einladung zur Mitgliederversammlung erfolgt schriftlich durch den Frankfurter Geschäftsführenden Ausschuß und soll mindestens vierzehn Tage vor dem Versammlungstage zur Post gegeben werden. Die Versammlungen sind ohne Rücksicht auf die Zahl der Erschienenen beschlußfähig. Die Beschlüsse werden mit einfacher Stimmenmehrheit gefaßt. Außerordentliche Mitgliederversammlungen finden auf Beschluß des Vorstandes oder auf Antrag von mindestens zwanzig Mitgliedern, der unter Angabe der Gründe und der Tagesordnung beim Vorstand schriftlich einzureichen ist, statt.
Das Recht, Anträge für die Mitgliederversammlung anzumelden, haben alle Organe der Gesellschaft, sowie jedes Mitglied, wenn sein Antrag von mindestens sieben anderen Mitgliedern unterstützt wird.
Beschlüsse über Satzungsänderungen, Auflösung des Vereins und Ausschließung von Mitgliedern bedürfen einer Mehrheit von zwei Dritteln der erschienenen Mitglieder und der Anwesenheit von mindestens einem Viertel sämtlicher Mitglieder. Ist die Zahl der Anwesenden geringer, so muß eine neue Versammlung einberufen werden. Diese ist bedingungslos beschlußfähig.
Über den Beschluß der Mitgliederversammlung wird eine Niederschrift aufgenommen, die vom Vorsitzenden, vom Schriftführer und von zwei Mitgliedern zu unterzeichnen ist.
Bei Auflösung der Gesellschaft fällt das gesamte Vermögen an die Stadt Frankfurt a. d. Oder.
Berlin, den 4. März 1920
In: Jahrbuch der Kleist-Gesellschaft 1921. Hrsg. von Georg Minde-Pouet u. Julius Petersen. Berlin 1922. S. 84-88. (Schriften der Kleist-Gesellschaft. 1)
Hier nach: Günther Emig / Peter Staengle: "Wir mußten wieder einmal sehr schnell handeln". Die Neugründung der Kleist-Gesellschaft 1960. Mit einem Inhaltsverzeichnis der Kleist-Jahrbücher 1980 bis 2010. Heilbronn: Kleist-Archiv Sembdner 2011, S. 33-35. (Heilbronner Kleist-Blätter apart. 2)